asozial

Der Aus­druck «aso­zi­al» hat sei­nen Ursprung im latei­ni­schen Wort «aso­zia­lis», wel­ches «nicht sozi­al» bedeu­tet. Ab dem 19. Jahr­hun­dert wur­de die­ser Begriff ver­wen­det, um Per­so­nen zu beschrei­ben, die sich nicht an die sozia­len Nor­men und Wer­te der Gesell­schaft hiel­ten. Vor allem im Kon­text von Armen, Obdach­lo­sen und Pro­sti­tu­ier­ten wur­de die­ser Ter­mi­nus benutzt, um die­se Men­schen als gefähr­lich oder schäd­lich zu kenn­zeich­nen. Spä­ter fand der Begriff «aso­zi­al» Ein­gang in die Spra­che der Natio­nal­so­zia­lis­tIn­nen.

Wäh­rend der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus wur­de «aso­zi­al» ver­wen­det, um Men­schen zu dis­kri­mi­nie­ren und zu ver­fol­gen, die als «nicht zur Gemein­schaft gehö­rig» oder «min­der­wer­tig» ange­se­hen wur­den. Die Natio­nal­so­zia­lis­tIn­nen nutz­ten die­sen Begriff, um Men­schen zu stig­ma­ti­sie­ren und her­ab­zu­set­zen. Sie argu­men­tier­ten, dass «Aso­zia­le» eine Bedro­hung für die deut­sche Gesell­schaft dar­stell­ten. Dazu gehör­ten:

  • Sin­ti und Roma: Die Natio­nal­so­zia­lis­ten betrach­te­ten Sin­ti und Roma als «ras­sisch min­der­wer­tig» und ver­folg­ten sie sys­te­ma­tisch bis hin zum Mord.
  • Men­schen mit Behin­de­run­gen: Men­schen mit Behin­de­run­gen wur­den von den Natio­nal­so­zia­lis­ten als «lebens­un­wert» ange­se­hen und im Rah­men der «Akti­on T4» getö­tet.
  • Homo­se­xu­el­le: Homo­se­xu­el­le wur­den ver­folgt und ermor­det, da sie von den Natio­nal­so­zia­lis­tIn­nen als «unna­tür­lich» und «ent­ar­tet» betrach­tet wur­den.

Die Ver­fol­gung von «Aso­zia­len» war ein zen­tra­ler Bestand­teil der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie und Poli­tik. Sie spie­gel­te Gewalt, Ras­sis­mus und Dis­kri­mi­nie­rung wider. Heut­zu­ta­ge wird der Begriff «aso­zi­al» in der Regel nicht mehr in die­sem Kon­text ver­wen­det.

Eine ein­fa­che Goog­le-Suche mit die­sem Schlag­wort ergibt jedoch etwa 2,3 Mil­lio­nen Ergeb­nis­se. Dar­aus lässt sich schlies­sen, dass der Begriff viel­leicht etwas gar infla­tio­när ver­wen­det wird.

Der Sprachaufklärer meint

Der Begriff «aso­zi­al» wird heu­te ver­wen­det, um Men­schen zu beschrei­ben, die sich rück­sichts­los oder gewalt­tä­tig ver­hal­ten. Aller­dings urtei­len Per­so­nen, die den Begriff ver­wen­den, auto­ma­tisch über die Rich­tig­keit des Tuns (oder Seins) ande­rer Men­schen. So betrach­tet, soll­te der Begriff «aso­zi­al» mit Vor­sicht ver­wen­det wer­den.

Der Duden rät

Der Duden misst dem Begriff eine «dis­kri­mi­nie­ren­de Bedeu­tung» zu. Der Syn­onym-Band hält – je nach Kon­text – gleich eine Rei­he von sinn­ver­wand­ten Wör­tern bereit:

  • böse, kri­mi­nell, ver­bre­che­risch
  • Psy­cho­lo­gie: dis­so­zi­al
  • Sozio­lo­gie: rand­stän­dig
  • geho­ben: fre­vel­haft, ver­werf­lich
  • abwer­tend: pri­mi­tiv, pro­le­ten­haft, unge­ho­belt
  • salopp abwer­tend, beson­ders Jugend­spra­che abwer­tend: assi, assig, prol­lig
30. August 2024

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