Der Begriff «Kulturschaffende» birgt ein Paradox, da er ursprünglich aus dem nationalsozialistischen Kontext stammt, aber heute auch von Antifaschisten verwendet wird – auch als Selbstbezeichnung. Der Ursprung des Begriffs scheint vollständig vergessen worden zu sein.
Das Wort «Kulturschaffende» wurde seit September 1933 verwendet, um alle Frauen und Männer zu bezeichnen, die in der Reichskulturkammer organisiert waren und in irgendeiner Weise im Kunstbereich tätig waren. Der Begriff wurde mit der Errichtung der Kammer durch das Gesetz vom 22. September geprägt. Zuvor wurde lediglich das Adjektiv «kulturschaffend» für Personen, Institutionen und gelegentlich für Völker verwendet, um sie den vermeintlich kulturlosen Völkern gegenüberzustellen. Das Gesetz selbst verwendete den Ausdruck noch nicht, es war die Rede von «Kulturberufen».
Im Jahr 1934 unterzeichneten viele Künstler einen «Aufruf der Kulturschaffenden», der für die Vereinigung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in der Person Hitlers warb. Sogar der Bildhauer Ernst Barlach unterzeichnete diesen Aufruf in der Hoffnung, dem Druck des Regimes zu entgehen. In einem Brief an seinen Bruder Hans Barlach schrieb er: «Ich habe den Aufruf der ‹Kulturschaffenden› mitunterschrieben, bin also den Vorwurf, Kulturbolschewismus zu treiben, los, bis man ihn wieder aus der Kiste holt.» Die Verwendung von Anführungszeichen deutet darauf hin, dass Barlach das Wort als fremd und neu empfand.
Im «Wörterbuch des Unmenschen» wird dem Begriff «Kulturschaffende» ein eigenes Kapitel gewidmet, in dem er eindeutig dem nationalsozialistischen Vokabular zugeordnet wird. Ironischerweise fand der Begriff auch Eingang in das Vokabular der DDR und wurde im «Grossen Wörterbuch der deutschen Sprache» aus der Duden-Redaktion von 1994 als gebräuchlich im ehemaligen DDR-Gebiet aufgeführt. Auch im westdeutschen Politjargon blieb der Begriff nach 1945 präsent und hat nach dem Untergang der DDR bereits zum zweiten Mal das Ende eines Regimes überlebt.
Der Sprachaufklärer meint
Der Begriff «Kulturschaffende» lässt sich wohl kaum mehr aus dem Sprachgebrauch verbannen. Da er eine relativ neutrale Bezeichnung darstellt, ist dies jedoch keine Katastrophe. Dennoch ist es wichtig, seinen Ursprung im Nationalsozialismus zu kennen und abzuwägen, ob er angemessen ist.
Der Duden rät
Ein Synonym wird im Duden nicht geführt, jedoch die Herkunft klipp und klar dargelegt: «ursprünglich nationalsozialistische Bezeichnung für die in der Reichskulturkammer zusammengefassten Angehörigen der freien Berufe (besonders DDR)»