Heimatschutz

Heimatschutz klingt nach liebevollem Erhalt von Landschaft und Kultur. Der Begriff ist jedoch nicht nur ästhetisch, sondern auch politisch geprägt – zwischen Baukulturpflege und nationalistisch gefärbter Heimatideologie.

Der Begriff «Heimatschutz» bezeichnet in der Schweiz zunächst eine kulturpolitische Bewegung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand. Ziel war es, historische Bauten, Ortsbilder und Landschaften vor der Zerstörung durch Industrialisierung und Modernisierung zu bewahren. Der Schweizer Heimatschutz (gegründet 1905) setzt sich bis heute für Baukultur, Denkmalpflege und naturnahe Landschaftsgestaltung ein. In diesem Kontext gilt der Begriff als positiv und anerkannt.

Doch «Heimatschutz» trägt auch eine ideologische Dimension in sich. In der Zwischenkriegszeit wurde der Begriff von nationalistischen Kreisen vereinnahmt, die «Heimat» nicht nur als geografischen, sondern als ethnisch-kulturellen Raum verstanden – abzugrenzen gegen «Fremde». Auch in der Zeit des Zweiten Weltkriegs fand «Heimatschutz» Eingang in Abgrenzungsrhetoriken der «Geistigen Landesverteidigung»: Neben demokratischen Werten spielte auch die Pflege eines traditionellen Heimatbildes eine grosse Rolle. Hier wurde «Heimatschutz» nicht nur als Schutz von Gebäuden und Landschaften verstanden, sondern auch als Schutz einer als typisch schweizerisch definierten Lebensweise.

In Deutschland entstanden in der Kaiserzeit und Weimarer Republik ebenfalls Heimatschutzbewegungen, oft aus einer Mischung von Denkmalpflege, Naturschutz und Heimatkunde. 1904 wurde in Dresden der Deutsche Bund Heimatschutz gegründet. Während der NS-Zeit wurde «Heimatschutz» in die nationalsozialistische Ideologie integriert, was den Begriff ideologisch stark belastete. Die ideologische Vereinnahmung war in Deutschland unter dem NS-Regime freilich ungleich radikaler als in der Schweiz. Nach 1945 lebte der Begriff vor allem in kulturpflegerischen und landschaftsschützerischen Initiativen weiter, hat aber teils immer noch rechte Untertöne, wenn er politisch gebraucht wird.

Sprachlich problematisch wird «Heimatschutz» immer dann, wenn er – bewusst oder unbewusst – mit Vorstellungen ethnischer Homogenität verknüpft wird. In rechtsextremen Kreisen findet man ihn bis heute als Kampfbegriff, der die Verteidigung einer «nationalen Identität» gegen Einwanderung oder Globalisierung beschwört.

Gleichzeitig ist die Doppeldeutigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung präsent: Während ArchitektInnen und Kulturschaffende «Heimatschutz» meist rein fachlich verstehen, schwingen bei politisch sensiblen Debatten oft auch ideologische Untertöne mit.

Der Sprachaufklärer meint

«Heimatschutz» ist in der Schweiz ein anerkannter Fachbegriff für Kultur- und Landschaftspflege. Gleichzeitig lohnt es sich, im öffentlichen Diskurs genau hinzuhören, ob er fachlich-neutral oder politisch-exklusiv gemeint ist.

Der Duden rät

Der Duden führt das Stichwort «Heimatschutz» nicht auf, jedoch die «Heimatschutztruppe» als «Truppe des Territorialheeres der Bundeswehr mit der Aufgabe, die Operationsfreiheit der eigentlichen Kampftruppen und -verbände durch die Sicherung wichtiger Gebiete und Anlagen zu gewährleisten.»

29. Oktober 2025

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