Hottentotten

Der Begriff «Hot­ten­tot­ten» stammt von den nie­der­län­di­schen Buren im süd­li­chen Afri­ka und bezog sich auf die Khoikhoi-Völ­ker. Eine Theo­rie besagt, dass die Klick­lau­te der Khoi­san-Spra­che von den Buren als Gestam­mel wahr­ge­nom­men wur­den, wes­halb sie die Indi­ge­nen «Hot­ten­tots» nann­ten, was im Dia­lekt der Sied­ler «Stot­te­rer» bedeu­tet. Eine ande­re Theo­rie aus dem 18. Jahr­hun­dert besagt, dass der Begriff von einem Ruf «Hot­ten­tot» stammt, den die Khoikhoi angeb­lich freu­dig aus­rie­fen.

Der Begriff «Hot­ten­tot­ten» tauch­te erst­mals im 17. Jahr­hun­dert in einer Über­set­zung der Afri­ka-Beschrei­bung des nie­der­län­di­schen His­to­ri­kers Olfert Dap­per auf. Ver­brei­te­ter wur­de er, als Deutsch-Süd­west­afri­ka (heu­te Nami­bia) 1884 zur deut­schen Kolo­nie wur­de. Das Deut­sche Kolo­ni­al-Lexi­kon beschreibt die Khoikhoi als «Koi­ko­in», was «Men­schen» bedeu­tet, und fasst sie unter dem Namen Nama zusam­men. Der Begriff wur­de auch in kolo­nia­len Kon­tex­ten ver­wen­det, beson­ders im Zusam­men­hang mit dem Gue­ril­la­krieg der Nama gegen die deut­schen Kolo­ni­al­her­ren.

Der Aus­druck fand zudem Ein­gang in die abwer­ten­de Beschrei­bung von Kör­per­merk­ma­len, wie «Hot­ten­tot­ten­schür­ze»: gros­se Scham­lip­pen, die man bei Khoikhoi-Frau­en fest­ge­stellt hat­te (die aber kei­nes­wegs nur bei jenen vor­kom­men). Ein aus­ge­präg­tes Gesäss nann­te man «Hot­ten­tot­tenst­eis». Auch Tie­re wur­den nicht ver­schont: es gab die «Hot­ten­tot­ten­flie­ge» und die «Hot­ten­tot­ten­en­te», wel­che mitt­ler­wei­le Pünkt­chen­en­te heisst. 

Der Begriff «Hot­ten­tot­ten» wur­de im 19. und 20. Jahr­hun­dert als Syn­onym für «Wil­de» oder «Unzi­vi­li­sier­te» genutzt. In der deut­schen Spra­che hielt sich die Vor­stel­lung der «stot­tern­den Hot­ten­tot­ten» lan­ge, wie Bei­spie­le aus Lite­ra­tur und Kul­tur zei­gen. Selbst der Musi­ker Mari­us Mül­ler-Wes­tern­ha­gen nutz­te den Begriff iro­nisch für ein Album im Jahr 2011.

Der Sprachaufklärer meint

Das Wort gilt heu­te als ver­al­tet und dis­kri­mi­nie­rend, ins­be­son­de­re im öffent­li­chen Sprach­ge­brauch. Statt­des­sen wer­den die Eigen­be­zeich­nun­gen «Khoikhoi» oder «Nama» ver­wen­det. Er wird heu­te fast nur noch iro­nisch ver­wen­det, jedoch soll­te er in Bezug auf die Khoikhoi oder ande­re afri­ka­ni­sche Völ­ker ver­mie­den wer­den.

Der Duden rät

Der Duden warnt vor der abwer­ten­den Bedeu­tung des Begriffs. Er sei «ver­al­tend dis­kri­mi­nie­rend» und wer­de «oft als abwer­ten­de Kolo­ni­al­be­zeich­nung für Ange­hö­ri­ge einer in Süd­west­afri­ka leben­den Völ­ker­fa­mi­lie» genutzt.

27. Oktober 2024

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