Der Slogan «Feind hört mit» war bereits im Ersten Weltkrieg im Umlauf und richtete sich zunächst vorwiegend an Soldaten. Eine humorvolle Anekdote aus dem Jahr 1918 zeigt den Spruch etwa auf einer Feldtoilettentür. Zeitgenössische Plakate stellten dabei karikaturhafte Darstellungen gegnerischer Soldaten, darunter auch rassistische Darstellungen, dar, die den Gegner beim Lauschen auf Nachrichten abbildeten.
1930 veröffentlichte der Offizier und Autor Hans Henning Grote das Buch «Vorsicht! Feind hört mit! Eine Geschichte der Weltkriegs- und Nachkriegsspionage», das mit zahlreichen Auflagen auch in der NS-Zeit für militärische Schulungen genutzt wurde. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte der Slogan zur Standardausstattung der Reichswehr. Eine Reportage von 1939 über Funkaufklärungseinheiten beschreibt beispielsweise, dass in jedem Funkwagen der Satz «Der Feind hört mit!» angebracht war. In den Vorkriegsjahren erschien auch der Lehrfilm «Wer war es?», der auf Sabotage- und Spionagegefahr hinwies und unter der Parole «Mund halten! Feind hört mit!» militärische und industrielle Geheimhaltung betonte.
Nach Kriegsbeginn erweiterte man die Kampagne und richtete sie zunehmend an die allgemeine Bevölkerung. Plakate und Hinweise an öffentlichen Telefonen erinnerten unter anderem mit «Vorsicht bei Gesprächen! Feind hört mit!» daran, stets schweigsam und wachsam zu bleiben, auch im zivilen Umfeld. In der NSDAP-Wandzeitung «Parole der Woche» 1940 zeigt ein Beispielbild einen Soldaten mit erhobenem Finger vor dem Mund und der Aufforderung: «Schweigen!!! = nicht schwätzen! der Feind hört mit!!» Dieser Spruch wurde zudem für das Verbot privater Funkaktivitäten herangezogen.
Im Jahr 1940 kam der Film «Feind hört mit» in die Kinos. Er thematisierte britische Agenten, die in der Vorkriegszeit versuchten, das Geheimnis einer speziellen Metalllegierung zu entwenden. Eine ironische Wendung erfährt die Handlung, als einer der Agenten an einer Ballonsperre hängen bleibt und ums Leben kommt. Zwei deutsche Informanten, die Informationen weitergaben, werden in der Geschichte hingerichtet.
Solche Geheimhaltungskampagnen gab es auch in anderen Ländern, und Propagandaorgane griffen sie als Beleg für einen internationalen Wettbewerb der Abhörwarnungen auf. So spottete der «Völkische Beobachter» im Februar 1940 über ein britisches Plakat, das zwei Soldaten vor einer Wand mit einem Ohr und einem Hakenkreuz zeigte, unter der Überschrift «Kümmerliche Kopisten». Die NS-Zeitung kommentierte: «Wieder einmal hat die britische Regierung deutsche Massnahmen kopiert, obwohl diese in England zuvor belächelt wurden.»
Der Sprachaufklärer meint
Heutzutage wird «Feind hört mit» meist ironisch verwendet, wobei das ursprüngliche Misstrauen und die Überwachungstendenzen, die mit diesem Spruch verknüpft waren, humorvoll überzeichnet werden.